Hast du schon gehört, der Willi fährt nach Island. Fahr doch mit! Gesagt getan. Der Fernwanderweg Laugavegur im Landesinneren von Island war unser Ziel. Ein starkes Team des DAV Worms wurde verstärkt mit einigen Naturbegeisterten aus Belgien und Deutschland. In einem geländetauglichen Bus ging es über Stock und Stein und durch einige Flüsse zum Ausgangspunkt unserer Tour, nach Landmannalaugar.

Bedenken wegen der Kälte und dem schlechten Wetters hatten wir keine, aber große Angst vor Unterhopfung. Denn Bier und andere Alkoholische Getränke sind sehr teuer. Eine Woche wanderten wir durch dieses faszinierende Land, der Insel der Kontraste. Berge und Hochland, Vulkane und Gletscher. Geschlafen wurde in einfachen Hütten im Hochland. Zu hause überschlugen sich die Temperaturrekorde aber auf der Insel war das Wetter typisch nordisch, Starker Wind, Regen und Sonne wechselten sich ab. Dick eingepackt, mit dem Rucksack auf dem Rücken wanderten wir an den Schönheiten des Landes vorbei. Unberührte Natur, bizarre Felsformationen aus erkalteter Lava, farbenfrohe Rhyolihberge große Obsidianfelder und sulzige Schneefelder prägten die Landschaft. Immer die schlafenden Vulkane im Blickfeld. „Hoffentlich halten die noch einige Tage Ruhe“. Wie von selbst wurden Gedanken an alte Sagen, Elfen und Trolle geweckt. Irgendwo hier muss der Einstieg in die Mittelerde sein. Riesige Gletscher die sich in der Sonne spiegeln und deren Schmelzwasser Seen und Bäche speisen und deren Ablagerungen ständig wechselnde Flusslandschaften gestalteten. Der Wind blies über die großen Flächen aus dunkelschwarzem weichem Lavasand, wir hinterließen tiefe Spuren, die Landung auf dem Mond könnte sich auch hier abgespielt haben.

Plötzlich machte es blupp oder puff, fauliger schwefeliger Dampf stieg aus dem Boden und verbreitete den Geruch von faulen Eiern. Heiße Dampffontänen zischten auf oder blubberten leise vor sich hin. Wir durchschritten Schneehöhlen, kletterten über graue Felsen und stiegen in Schluchten ab. In Windgeschützten Ecken erobern sich Pflanzen eine karge Grundlage zum Überleben. Sie wechseln sich ab mit Flechten und Moose vielerlei Art. Eine bunte Vielfalt die ich nicht vermutet hätte. Eine Ebene, übersät mit roten Flechten leuchtete schon von weitem. Unvorstellbare Kräfte müssen hier am Werk gewesen sein, um eine solche Landschaft zu formen. Bäche haben tiefe Schluchten in den Fels gegraben und müssen umwandert werden. Die Tour ohne Führer schlecht möglich. Wege fast keine vorhanden, Brücken gibt es nicht. Einfach die Schuhe aus, Hosen runter und ab durch den eiskalten Bach. Geschützt vor dem kalten Wind kauerten wir zur Mittagspausen hinter Steinmauern, suchten die Geborgenheit in einer schützenden Ecke. Lagerplätze in urigen Hütten inmitten einer gigantischen Kulisse. Wie wohltuend ist das Bad in den nahen warmen Quellen. Stundenlang könnte man im Natur-Whirlpool liegen.

Unsere Isländische Köchin brachte uns die Küche ihrer Heimat etwas näher. Lamm in vielen Variationen, gekocht, gebraten oder ganze Keulen gegrillt. Lachs satt und zur Vorspeise mal eine Probe Gammelhai. Viel hatten wir darüber gelesen aber gegessen hatte ihn noch keiner. Der Hai wurde serviert, ein Geruch nach altem Pissoir und Amonjack machte sich breit. Mein Appetit nahm schlagartig ab. Ich bin geübter Esser, mich haut so schnell nichts um. Aber heftige Gase durchzogenen meine Nase. Alle durften etwas davon kosten. Ich hatte es mir noch schlimmer vorgestellt. Der Schnaps hinterher beruhigt den Magen wieder, abgehakt, Gammelhai wird nicht zur Gewohnheit. Und morgen essen wir Puffins? Der kleine Papagei ähnliche Vogel ist eine Art isländisches Maskottchen und bevölkert im Sommer zu Hunderttausenden die Westfjorde. Ihr Pech ist, dass sie ausnehmend gut schmecken sollen. Die Isländer essen einfach alles. Es machte so eine Spaß den bunten Puffins zuzusehen, essen zurzeit unmöglich. Der Gammelhai Seit Generationen fangen die Isländer den Eishai. Da dieser keine Nieren hat, lagert er seine Stoffwechselgifte in seinem Fleisch ein. In kleine Brocken geschnitten wird der Hai in eine Holzkiste gelegt, um dann ca. sechs Wochen vor sich hin zu rotten. Wochen, in denen das Ammoniak langsam freigesetzt wird und so stinkt, dass keine Fliege und kein noch so kleines Bakterium sich in die Nähe wagen. Danach werden die Stücke noch vier Wochen in der trocknenden Seeluft aufgehängt, bis sie von außen braun sind und von innen eine glitschige Konsistenz haben, ähnlich wie Speck. Kein Salz kommt hinzu, kein Gewürz, gar nichts. Dann nennt sich das Ganze „Hákarl“ und soll eine Spezialität in Island sein. "Dieser Fisch reinigt den Körper und kurbelt die Verdauung an", sagt unser Führer beobachtete uns und grinste.

Ein unvergessliches hautnahes Naturerlebnis, eine angenehme Truppe und eine Insel der Gegensätze - Gletschereis und heiße Quellen, Wasserfälle und Geysire, lebensfeindliche Wüsten und üppig-grüne Moosteppiche Alle Vorstellungen und Erwartungen wurden weit übertroffen, einstimmiger Beschluss, den Rest von Island müssen wir auch noch erforschen.